The Track to Oberstdorf
Sofie Krehl (25) vom Skiclub Oberstdorf und Sebastian Eisenlauer (30) aus Sonthofen sind Mitglieder der Langlauf-Nationalmannschaft
Ihr bereitet euch beide auf die kommende Wintersaison vor. Der Höhepunkt wird sicher die Nordische Weltmeisterschaft (23.02.-07.03.2021) in Oberstdorf sein. Wo seht ihr euch im Hinblick auf dieses Ereignis?
Krehl: Wir sind ein starkes Team, in dem jeder an dieser Weltmeisterschaft teilnehmen will. Da aber immer nur vier Läuferinnen und Läufer pro Wettkampf gemeldete werden dürfen, wird sicher eine interne Qualifikation erforderlich sein, die es erst einmal zu meistern gilt. Ich richte meinen Fokus auf den Klassik-Sprint, den Team-Sprint und die Staffel, obwohl die Langdistanzen schon ein Thema wären. Unsere Trainingsvorbereitung ist auf die WM zugeschnitten, das heißt, dass wir Ende Februar auf unserem Top-Niveau sein sollten. Doch auch die Rennen vorher sind wichtig, gilt es doch Punkte zu sammeln und gute Ergebnisse für eine Qualifikation zu erlaufen.
Eisenlauer: Ich sehe meine größten Chancen im Teamwettbewerb und will in beiden Teamevents starten. Die Bezeichnung Sprint ist eigentlich nicht ganz richtig. Anders als beim 100m-Lauf ist der Sprint im Langlauf eine ausdauerbehaftete Wettkampfform, muss man doch mehrmals hintereinander, je nachdem, wie weit man kommt, drei Minuten möglichst schnell laufen. Deshalb liegt der Ausdauerbereich im Fokus der Trainingsvorbereitung. Mein Ziel ist es wieder auf das Leistungsniveau von 2015/16 zu kommen.
Ein erfolgreicher Wintersportler wird im Sommer gemacht, heißt eine alte Weisheit, die man immer wieder hört. Wie sieht eure Sommervorbereitung aus?
Krehl: Im April erholen wir uns von dem Winter, sozusagen unser „Urlaubsmonat“. Im Mai gehts dann noch etwas lockerer los und bald stehen dann an sechs Tagen in der Woche zwei Trainingseinheiten an. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, der der Regeneration dient. Hauptsächlich wechseln sich Laufeinheiten mit Skirollertraining ab. Dazu kommen noch die Einheiten im Kraftraum (ein- bis zweimal die Woche), Radfahren und sämtliche Ergänzungen wie Beweglichkeit, Koordination, Spiel.... Zwischendurch sind wir immer wieder in der Skihalle in Oberhof, für das Skigefühl, und können dort auch das große Laufband nutzen. Unseren Trainingsplan erstellt Markus Hofmann (Heimtrainer) in Zusammenarbeit mit Erik Schneider (Damentrainer) und in Abstimmung mit mir.
Eisenlauer: Fahren wir im April noch etwas reduzierte Umfänge, wird das Training Richtung Herbst und Winter spezifischer. Das heißt, im Sprint ist eine gewisse Tempohärte notwendig, die es zu erarbeiten gilt. 18 bis 22 Stunden reines Training gilt es pro Woche zu absolvieren. Hometraining wie Gymnastik, Dehnen, Yoga, Slackline-Balance, Blackrole und Regenerationsmaßnahmen kommen dazu, sind sie doch wichtig für das Gesamtkonstrukt. Gerade im Kraft- und Kraftausdauertraining dauert es lange, oftmals mehrere Jahre, um eine Verbesserung zu erzielen. Daneben gilt: Je besser ich in meinen koordinativen und Balancefähigkeiten bin, umso leichter fühle ich mich auf dem Ski, um so leichter kann ich Korrekturen von außen umsetzen. Für die Verbesserung von Nuancen braucht es ein feines Körpergefühl, das Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Dass wir in Deutschland eine Skihalle in Oberhof haben, ist sicher ein Standortvorteil. Früher fand ich sie ätzend, aber heute weiß ich sie zu schätzen, ist dort doch ein konzentrierteres Training möglich als z.B. auf einer Loipe im Freien, wo man leichter abgelenkt wird. In diesem Jahr waren wir fast allein dort, da andere Nationen, die sonst auch hier trainieren, wegen Corona nicht kommen konnten.
Die letzten Jahre waren nicht immer einfach und auch nicht so erfolgreich wie früher. Verletzungen und Formschwankungen haben oft bessere Ergebnisse verhindert.
Krehl: Die letzten drei Jahre hatte ich immer wieder mit einer Entzündung in der Schulter zu kämpfen, die von einer Fehlhaltung herrührt. Diese Überbeweglichkeit ist eine kleine Einschränkung, behindert mich aber nicht bei Höchstleistungen. Derzeit habe ich sie im Griff, muss aber immer aufpassen und dagegen arbeiten. Generell kann man sagen, fast alle Spitzenathleten haben eine Schwachstelle, auf die es aufzupassen gilt.
Eisenlauer: Durch eine Schulterluxation, Erkältungen, Übertraining oder Trainingsdefizite hatte ich die letzten drei Jahre einen Hänger, so dass mein Sprintleistung stagnierte. Dadurch, dass die Mannschaftsmitglieder Alexander Wolz und Markus Weeger ihre Karriere beendet hatten, fehlte das gegenseitige Reiben und Vorwärtspushen, der interne Konkurrenzkampf. Und so waren diese Jahre schon belastend, vor allem im Kopf. Gedanken wie: „Was mache ich denn eigentlich hier?“, tauchten immer wieder auf. Doch die Heim-WM motiviert, ist sie doch das Größte für einen Sportler.
Was war denn ausschlaggebend, dass ihr das Langlaufen zu eurem Lebensinhalt gemacht habt?
Krehl: In unserer Familie hatte der Sport immer schon einen hohen Stellenwert. Meine Brüder Valentin und Emil wie auch meine Eltern waren Vorbilder, obwohl ich neben dem Langlaufen auch noch Fußball spielte, im Leichtathletikverein und in der Musikkapelle war. Als mein erster Langlauftrainer Manfred Häusler in Rettenberg in den Ruhestand ging, wechselte ich nach Oberstdorf. Dort formten mich Bernie Haag und Liese Hartmann. Waren es anfangs noch Spaß und Spiel, „so wurde aus Spaß Ernst“.
Eisenlauer: Was war der Anfang? Eigentlich ganz unspektakulär. Die Loipe in Burgberg war vor der Haustüre. Irgendwie bin ich da reingerutscht und nicht mehr weggekommen. Da ich wohl talentiert war, wechselte ich nach Sonthofen zu Sabine Dotzler. Dort fand ich in Hannes und Christian Dotzler schnell Freunde, hatte aber immer noch keine großen Ambitionen. Alles andere entwickelte sich eigentlich von selber, bis ich dann irgendwann auf der Jugend-Weltmeisterschaft war.
Was waren eure sportlichen Höhepunkte?
Krehl: Im Junioren-/U23 Alter waren die Junioren/U23 Weltmeisterschaften immer ein großes Erlebnis, die ich sicher nie vergessen werde, besonders die Bronzemedaille in der Staffel in Almaty. Als Highlights würde ich meine erste Teilnahme an der WM in Lahti vor drei Jahren (Platz 16 und 17 im Sprint) und das Sprint-Halbfinale letztes Jahr in Planica bezeichnen.
Eisenlauer: Ich bin seit 2005 auf internationaler Ebene unterwegs. Meine erste Weltcupteilnahme war 2010 in Düsseldorf. Bei Olympischen Spielen habe ich ohne großartige Ergebnisse teilgenommen. Als meinen Höhepunkt würde ich die Finalteilnahme beim Sprint der Tour de Ski in Oberstdorf nennen.
Ihr seid beide im besten Langlaufalter. Gibt es schon Pläne für die Zeit danach?
Krehl: Da lasse ich mir noch Zeit. Als Zollbeamtin kann ich später in dieser Behörde dort arbeiten und Karriere machen.
Eisenlauer: Als Soldat bei der Bundeswehr kann ich später dort tätig werden, möchte aber zuerst mit meiner Frau Michaela auf Reisen gehen, wenn dies wieder möglich wird.
Müsstet ihr euch selber beschreiben, was fällt euch spontan dazu ein?
Krehl: Ich bin ein Morgenmensch, der anfallende Arbeiten am liebsten morgens erledigt. In meiner Freizeit koche und backe ich gerne. Als kleine Schwäche würde ich meinen Hang zur Unpünktlichkeit bezeichnen. Aber daran arbeite ich! Und natürlich verbringe ich viel Zeit mit meinem Freund Ueli, der Mitglied der Schweizer Langlauf-National-Mannschaft ist.
Eisenlauer: Ich würde mich als sehr fokussiert, zielstrebig und diszipliniert bezeichnen. Manchmal stehe ich mir aber selbst im Weg, wenn es gilt, sich auf etwas Neues einzulassen.
Könnt ihr dem Nachwuchs Tipps für eine erfolgreiche Karriere mitgeben?
Krehl: Die Kinder sollten möglichst viele verschiedene Sportarten ausprobieren, bevor sie sich festlegen. Wichtig dabei ist, dass sie Spaß dabei haben. Alles andere kommt dann von selbst.
Eisenlauer: Eine gesunde Mischung aus Spaß und Fokus im Training, aber auch Freunde außerhalb des Sports, die ab und zu für etwas Abwechslung sorgen.
Interview: Dieter Haug