Im Rahmen der FIS Nordische Ski Weltmeisterschaften 2021 Oberstdorf / Allgäu werden die nordischen Skisportanlagen am Trainingsstützpunkt Oberstdorf durch eine Reihe von Umbau-, Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten dem aktuellen technischen Stand angepasst.
Nicht nur bei der Planung und Durchführung einer Sportgroßveranstaltung, wie der FIS Nordische Ski Weltmeisterschaften 2021 Oberstdorf / Allgäu, sondern auch beim Bau der erforderlichen Sportstätten ist es wichtig, das Ziel des Erhalts der Natur des Allgäus als Lebensraum einzuhalten. Es ist daher notwendig die Vorbereitung, Entwicklung und Durchführung der Weltmeisterschaften von Beginn an nachhaltig zu gestalten.
Um die Organisatoren in sämtlichen Fragen und Entscheidungen zu unterstützen, ist zudem ein Ausschuss für „Umwelt und Nachhaltigkeit“ bestellt worden. Dieser setzt sich aus Vertretern der Umweltverbände, Grundstückseigentümer, Deutschen Skiverbandes, Skiclub Oberstdorf, Gemeinderats Markt Oberstdorf und Professoren für Sportökologie zusammen.
Von diesem wurden Leitbilder und Leitlinien als Teil einer Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet. Natürlich sind diese Leitlinien auch schon bei den Baumaßnahmen von großer Bedeutung und in deren Planung eingeflossen.
Leitlinien der Nachhaltigkeitsstrategie
Bei Bauvorhaben, die Eingriffe in die Natur und Landschaft erfordern, bedarf es zur Genehmigung eines Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP). Dieser dient zur Abarbeitung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im Rahmen von Fachplanungen. Durch die Beauftragung eines Landschaftsarchitekten werden die Maßnahmen im Vorfeld ökologisch bilanziert und die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen geplant. Der LBP enthält Karten und erläuternde Texte, welche Kompensations- und Minimierungsmaßnahmen beschreiben. Diese Maßnahmen sind erforderlich, um die Eingriffe in Natur und Landschaft, die sich in unmittelbarer Nähe des Bauvorhabens befinden, auszugleichen und gering zu halten. Hierbei handelt es sich um Eingriffe, die in §17 des Bundesnaturschutzgesetzes festgeschrieben sind und die aufgrund eines nach öffentlichem Recht bestimmten Fachplanes vorgenommen werden sollen. Der LBP wird nach Abschluss des Zulassungsverfahrens (z. B. Planfeststellungsverfahren) zusammen mit dem Fachplan allgemein rechtsverbindlich.
Im Planfeststellungsverfahren ist eine ökologische Baubegleitung (ÖBB) als verbindliche Auflage enthalten. Ein großer Bestandteil der ÖBB ist die Kontrolle der frist- und vor allem fachgerechten Umsetzung der umweltrelevanten Maßnahmen im Zuge des Bauvorhabens, die zuvor im LBP fixiert wurden. Hierbei sollen besonders bei großen, umweltrelevanten Maßnahmen die Aspekte berücksichtigt werden, die Wirkung auf Mensch und Natur nach sich ziehen. Auch die Erkennung und Vermeidung unvorhergesehener Beeinträchtigung ist durch die ÖBB abgedeckt.
Nachfolgend möchten wir Ihnen einige Beispiele der Umsetzung zeigen, die sich in dem landschaftspflegerischen Begleitplan wiederfinden. In diesem ist die Ausgangslage dokumentiert, das Eingreifen in die Natur aufgelistet und schließlich die dementsprechende Maßnahme zur Eingriffsminimierung oder Kompensation erläutert.
Im Bereich der Riedwälder sind ca. 100 Wurzelstöcke ausgelegt worden, die als Habitat für den Alpensalamander und andere Amphibien dienen. Auf der Fläche des neuen Schneiteiches gab es Nachweise der streng geschützten Haselmaus bzw. konnte eine Verbreitung nicht ausgeschlossen werden. Daher wurde die Baufeldfreimachung mit Rodungsmaßnahmen bereits im Herbst 2018 vorgenommen. Zusätzlich wurden zehn Kobel aufgehängt, die nun während der Bauphase in 2019 teilweise schon angenommen (bewohnt) wurden.
Der alte Schneiteich im Langlaufzentrum wurde von vielen Amphibien als Laichgewässer genutzt. Aufgrund des hohen Vorkommens von Fröschen und Erdkröten wurden Amphibienzäune aufgestellt, um die Tiere von der Baustelle abzuhalten und sie in andere benachbarte Lebensräume verbringen zu können. Zusätzlich wurden drei Interims-Laichgewässer angelegt, die während der Bauphase ständig mit Frischwasser versorgt wurden. Die Interims-Laichgewässer wurden von den Tieren sehr gut angenommen.
Jeweils nördlich und südlich im direkten Umfeld des neu errichteten Speicherteiches sind mit angrenzenden Nasswiesen, Seggen und Hochstauden zwei neue Flachwasserzonen als Ampibienlaichgewässer entstanden. Hier ist das Wasser wärmer als im Schneiteich und damit ideal für die Ablage des Laiches und Entwicklung neuer Amphibien.
Im Frühjahr 2020 haben die Amphibien bereits erfolgreich die angelegten Amphibienlaichgewässer angenommen und Laich dort abgelegt.
Bearbeitete Bodenflächen werden nach den Bauarbeiten für den Boden- und Biotop/Artenschutz naturnah wiederbegrünt. Hierzu erfolgt die getrennte Lagerung von Oberboden, Unterboden und Baugrund und alle Materialien werden wieder schichtengleich eingebaut. Der Rasensoden wird zuvor vorsichtig abgetragen, seitlich gelagert und wieder eingebaut. Die Ansaat erfolgt mit geeigneten gebietsheimischen und artenreichen Samenmischungen (Magerrasen, artenreiche Extensivwiesen, etc.). Dabei wird der Samen durch heimischen Heumulch abgedeckt und kann sich somit unter feuchten und geschützten Bedingungen gut entwickeln.
Alle Gebäude und Flächen im Langlaufzentrum wurden anhand eines städteplanerischen Rahmenkonzeptes entwickelt, indem Lage und Funktionen geprüft und anschließend festgelegt wurden. Über das eingeschoßige Gebäude führt im Winter die Langlaufloipe als Durchlauf durch das Stadion. Das Dach wird dabei komplett begrünt und fügt sich somit sehr gut in das Landschaftsbild ein. Die Flächenversiegelung wird damit minimiert und dadurch die Boden- und Wasserschutzziele erreicht.
Im Langlaufzentrum wird die bestehende Holz-Pelletheizung ertüchtigt, damit die beiden Funktionsgebäude und die Maschinenhalle mit Wärmeenergie versorgt werden können. Ein Nahwärmenetz verbindet die Gebäude zukünftig.
Der neue Athletenbereich in der Skisprunganlage erhält dagegen eine Wärmepumpenheizung. Das Funktionsgebäude wird seit Jahren mit einer Erdgas-Heizung versorgt. Somit werden die Gebäude unter geringstmöglichen CO²-Emissionen beheizt.
Der Anbau der Trainingskalthalle an das bestehende Funktionsgebäude am Langlaufzentrum wurde in Holzständerbauweise aus regionalem Holz errichtet. Die Lärchenschalung fügt sich nahtlos in die Gestaltung des Bestandsgebäudes an. Sowohl in der Langlaufanlage als auch an der Schanzenanlage sind an vielen weiteren Bauteilen ortstypische Holzfassaden und Holzkonstruktionen entstanden.
Die Ufergestaltung des neuen Schneiteiches erfolgt durch eine wechselhafte Uferlinie mit Kies unterschiedlicher Korngröße, Findlingen und einer natürliche verlaufender Liniengebung. Die Böschungen werden zu Magerrasen entwickelt und es konnten bestehende Grassoden aus der ehemaligen Testrampe in großen Stücken von ca. 2 × 2 Metern verlegt werden. Pflanzen und Tiere werden dadurch vollständig und ohne Beschädigung in den neuen Lebensbereich verbracht. Wechselnde Böschungsneigungen und Gebüsche sowie Staudenfluren schaffen neuen Lebensraum.
Auch bei der Loipenplanung wurde Rücksicht auf die Natur genommen. Da ein ursprünglich geplanter Streckenabschnitt im Bereich Spairube durch ein angrenzendes Naturschutzgebiet verlaufen sollte, wurde zur Schonung der Tier- und Pflanzenwelt die Streckenplanung überarbeitet und die Loipen gänzlich aus dem Naturschutzgebiet ferngehalten. Zusätzlich wird dieser Streckenabschnitt nur bis einschließlich Januar technisch beschneit, da auf die Balz- und Brutzeit des Waldkauzes Rücksicht genommen wird.
Zwischen der Maschinenhalle und der Pumpstation wurden im Frühjahr 2020 zahlreiche heimische Sträucher (z.B. Insekten- und Vogelnährgehölze, Beerensträucher) gepflanzt, um einen artenreichen Waldrand zukünftig zu erhalten.